Nach der Pleite des Billigstrom-Anbieters Teldafax haben die mindestens 700.000 Gläubiger wenig Aussichten, ihr Geld zurückzubekommen. Auf der ersten Gläubigerversammlung am Dienstag (08.11.2011) in Köln wurde zudem bekannt, dass das Insolvenzverfahren mehr als sechs Jahre dauern wird.

Insolvenzverwalter Biner Bähr sagte am Dienstag in Köln, bislang seien auch wegen der hohen Kosten des Insolvenzverfahrens keine Vermögenswerte vorhanden, die an die Gläubiger ausgezahlt werden könnten. Doch könne sich dies in Zukunft noch ändern. Bähr erklärte zudem, das Insolvenzverfahren werde voraussichtlich erst in mehr als sechs Jahren abgeschlossen sein. Als Gründe nannte er die “enorme Anzahl” der von der Pleite betroffenen Teldafax-Kunden und die “Vielzahl von voraussichtlich zu führenden Rechtsstreiten”. Zu den Aussichten der mindestens 700.000 Gläubiger auf eine Teilerstattung ihrer Forderungen erklärte Bähr, er könne “noch keine gesicherten Angaben machen”.
Es geht um einen dreistelligen MillionenbetragDas Troisdorfer Unternehmen, das im Frühsommer Insolvenz anmelden und die Belieferung der Kunden einstellen musste, schuldet Hunderttausenden von Kunden Geld, die ihren Strom im Voraus bezahlt hatten, dann aber nicht mehr mit Strom beliefert wurden. Der Insolvenzverwalter wollte nicht ausschließen, dass die Schulden der Firma Teldafax 500 Millionen Euro betragen, bei einem Vermögen von derzeit knapp sieben Millionen Euro. Das Insolvenzverfahren sei gemessen an der Gläubigerzahl das größte in der deutschen Wirtschaftsgeschichte, sagte Bähr.
Spektakuläre PleiteDen Grund für die spektakuläre Pleite sieht der Insolvenzverwalter in der Firmenstrategie. “Es kam nicht darauf an, ob man Gewinn oder Verlust macht, sondern es ging darum, möglichst viele neue Kunden zu gewinnen”, betonte Bähr am Dienstag in Köln. Gelockt wurden die Kunden mit Preisen, die je nach Abnahmemenge um mehrere Hundert Euro im Jahr niedriger waren als bei anderen Anbietern – gezahlt werden musste aber per Vorkasse. Verluste nahm das Unternehmen bewusst in Kauf, um Marktanteile zu gewinnen. Strom und Gas wurden so über weite Strecken zu Preisen angeboten, die niedriger waren als der Einkaufspreis.
War das Unternehmen schon 2009 insolvenzreif?Das Rad drehte sich immer schneller – und wurde zum “Schneeballsystem”. Nach Bährs bisherigen Ermittlungen war Teldafax bereits seit Mitte des Jahres 2009 insolvenzreif. Durch die fortlaufenden Vorauszahlungen von Kunden, durch Darlehen von Gesellschaftern und Zahlungsaufschübe sei es dem Unternehmen aber noch gelungen, seinen Geschäftsbetrieb zwei Jahre weiter zu führen. Im Herbst 2010 waren die Probleme der Firma durch Medienberichte öffentlich geworden. Anfang 2011 sei Teldafax dann endgültig kollabiert, als die letzten Banken Lastschriftvereinbarungen kündigten, erklärte Bähr.
Insolvenzverwalter fand “großes Chaos” vorAls Bähr seine Arbeit als Insolvenzverwalter begann, ging es bereits drunter und drüber: “Es war ein großes Chaos, was ich da vorfand”, erinnert er sich an seinen ersten Teldafax-Tag. Der Konzern sei mit der Verbuchung der Kundenüberweisungen bereits zwei Monate im Rückstand gewesen, Bähr spricht von “42 Millionen unverbuchten Zahlungseingängen”. In den letzten Wochen habe das Unternehmen die Flut an Briefen unzufriedener und um ihr Geld besorgter Kunden nicht mehr bewältigen können: Jeden Tag sei ganzer VW-Bus mit Post gekommen, berichtet Bähr. “Wenn der Postwagen morgens kam, blieb er bis abends, weil der Postbote die Unterschriften für die Rückscheine braucht”.
Kaum Andrang bei der ersten GläubigerversammlungZu der mit großer Spannung erwarteten Gläubigerversammlung hatten sich nur etwa hundert Gläubiger im Kölner Staatenhaus eingefunden. Die Teilnehmer verloren sich fast in dem für die Veranstaltung gemieteten Gebäude, das mehrere Tausend Menschen fassen kann. Insolvenzverwalter Bähr machte ihnen zumindest Hoffnung, einen kleinen Teil ihres Geldes wiederzubekommen. Wie viel oder wie wenig, stehe allerdings noch in den Sternen. Bis dahin müssen sie jedoch viel Geduld aufbringen: Das Insolvenzverfahren wird nach Einschätzung des Experten mindestens sechs Jahre dauern.

Quelle:WDR